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Interview mit Ashes Of Iron (09.12.2012)
Als hätte man es nicht schon beim Hören des Debüts gewusst, erweisen sich diese Briten als herzliche Musiker aus Überzeugung. Nach gemeinsamem Einstieg übernimmt Stimme Alan den Rest unseres Verhörs.
Was hat euch angefixt, Instrumente in die Hände zu nehmen und Rock zu spielen?
Richie: Der Übergang vom Hören zum Nachforschen, wie man coolen Krach schlagen kann, spielte sich ungefähr so ab: Mein alter Herr gab mir eine Kassette von Thin Lizzy, als ich zehn Jahre alt war, und das kam einer Offenbarung gleich. Die Gitarrenharmonien und Weltklasse-Songs klangen unerhört für mich, und ich wusste: Du brauchst eine Klampfe.
Dean: Mich hat Steve Jones von den Sex Pistols mit seiner weißen Les Paul dazu gebracht. Ich sah die Band als Jungspund im Fernsehen und fand sie verdammt cool. Dementsprechend legte ich mir als erste Gitarre eine Copy seines Modells zu, mit der ich durch einen kleinen Fender-Verstärker versuchte, seinem Ton nahezukommen. Später kam ich auf den Trichter, dass mir der Bass eigentlich viel besser gefällt, also schwenkte ich um.
Cliffy: Wahrscheinlich war "Appetite For Destruction" von den Gunners die Initialzündung. Für einen Zehnjährigen gab es bis dato keine spannendere Musik, und ich hätte am liebsten sofort eine Band mit Kumpels gegründet, obwohl niemand von uns ein Instrument spielte. Wir wollten Musik machen, die genaus aufregend ist und anderen Leuten ähnliche Gefühle bereitet, wie wir sie hatten, als wir unsere Lieblingsalben hörten.
Alan: Ich muss sechs oder sieben gewesen sein, als ich die Beatles über die Mattscheibe flimmern sah. Zuerst bannten mich ihre Gitarren, dann die ganze Musik, die Texte und Melodies, ganz zu schweigen von John Lennons Ausstrahlung. Mein erstes Instrument ließ nicht lange auf sich warten, und seitdem beansprucht Musik einen Großteil meines Lebens.
Tom: Ich hörte als junger Hüpfer "The Final Countdown" von Europe und war ganz hingerissen. Um mir die Kassette des Albums zu kaufen, kratzte ich mein ganzes Taschengeld zusammen. Dann spielte ich alle Songs auf dem Tennisschläger mit, während mein Bruder so tat, als trommle er dazu. Später hörte ich eine Menge unterschiedlicher Musik, ohne je auf die Idee zu kommen, ernsthaft ein Instrument zu lernen, zumal in den Highlands nichts ferner zu liegen schien. Erst zu Beginn der Neunziger, als Nirvana durch die Decke gingen, dämmerte es mir. Zum ersten Mal fühlte ich mich persönlich von Musik angesprochen, und mit einem Mal war ich versessen darauf, eine Gitarre zu schnappen und selbst etwas zu bewegen.
Sunderland ist sicherlich nicht die Wiege des Rock. Wie sieht die Szene bei euch aus?
Richie: Als wir 2008 loslegten, gab es sonst keine harten Bands hier, zumindest nicht dass wir es gewusst hätten, nur eine Handvoll Metal-Truppen und umso mehr aus der Indie-Richtung. Unseren ersten Auftritt absolvierten wir mit einer Rap-Rock-Combo. Mittlerweile hat sich die Situation gebessert, und die stilistische Bandbreite ist innerhalb des harten Bereichs beachtenswert. Wie überall haben jedoch viele Konzertveranstalter ihre Läden dicht gemacht oder sich anders orientiert, um besseres Geld zu verdienen. Wir zählen zu einer Gemeinschaft von Musikern die das Beste daraus machen und vieles auf eigene Faust organisieren, auch indem wir Bands von außerhalb für Gigs an Land ziehen. Unter uns geht es vor allem darum, schlagkräftige Songs zu schreiben, eine tolle Show auf die Bretter zu bringen und die Leute zu unterhalten, damit sie beim nächsten Mal zurückkehren, was zum Glück bislang gelungen ist.
Zu den Texten: "Pharmacopoeia" deutet auf Medikamente hin und ist auch der Titel eines Buches zu diesem Gebiet. Was bedeutet das Wort bei euch?
Alan: Unser Buch wäre eine Enzyklopädie des Eskapismus, mit dem man sich anderswohin wünschen kann. Ich finde das manchmal nur zu nachvollziehbar; jeder will bisweilen einfach verschwinden, sei es mittels Drogenkonsum oder was auch immer.
In "Martyr" wiederholst du, dass "sie unseren Frieden stehlen; um wen handelt es sich?
Wer ein Märtyrer ist, definiert jeder anders, was von der Seite abhängt, auf der man steht. Den Märtyrertod hält man gemeinhin für die ultimate Reaktion auf Unterdrückung, aber in Wirklichkeit gibt man damit auf. Es ist ein letzter Ausweg und Eingeständnis des Scheiterns. Freiheit hingegen ist eine kleine Notlüge, die wir vorschieben, um uns besser zu fühlen, denn wer kann schon tatsächlich von sich behaupten, frei zu leben? Jeder wird von gesellschaftlichen und nicht zuletzt finanziellen Zwängen niedergedrückt, also opfern wir uns gewissermaßen zu einem Teil selbst auf, indem wir Steuern zahlen und dergleichen.
Zu dem Stück gibt es auch ein Video ...
YouTube hat die Landschaft auf dem Markt für Musikvideos revolutioniert, und zwar stärker als MTV seinerzeit. Wer als Band heutzutage auf dieses Medium verzichtet, hat den Verstand verloren. Jeder von uns mag Videos, also ergab es Sinn, ebenfalls eins zu drehen. Nächstes Jahr wird man noch mehr von uns sehen. Einen Haken gibt es aber, das räume ich ein: Die mysteriöse Aura von Bands, die wir früher genossen haben, bleibt nicht erhalten. Geht man allerdings mit der Zeit, muss man jedes Mittel nutzen, um mit dem Hörer in Kontakt zu treten, denn man wird allerorts mit Eindrücken zugemüllt, also bleibt dir nichts weiter übrig, als beim Wetteifern die Nase vorn zu haben. Die Leute werden nur mit Glück auf dich aufmerksam.
Handelt "That Look In Your Eyes" von einem Verräter?
In gewisser Weise schon, aber übers Persönliche hinaus geht betrifft das Stück generell einen Vertrauensverlust.
"Sanefull" spricht vom Lernen aus harten Zeiten, oder liege ich da falsch?
Ohne ins Detail zu gehen: Der Text zielt auf die Kaltherzigkeit gewisser Menschen ab, die Depressionen, Milde und dergleichen als Schwächen abtun.
Du singst "my rival is my conscience". Bezieht sich das darauf, dass wir uns oft selbst im Weg stehen?
Ganz genau.
Zu "Fresh Ears" fällt mir leider gar nichts ein.
Darin geht es darum, sich selbst verwundbar zu zeigen, um etwas über das eigene Ich zu erfahren; das ist dann gewissermaßen ein Grenzgang.
"Therapist" liest sich wie die Zusammenfassung einer gescheiterten Liebesbeziehung.
Die Worte sind aus der Sicht eines Peinigers. Das “blood on the hands” steht für die Fehler deines Lebens, die du bereust und weiter mit dir herumträgst, auch wenn du glaubst, sie überwunden zu haben.
Welche Erfahrung liegt "Gone In The Stun" zugrunde?
Das Gefühl, einen Partner fürs Leben gefunden zu haben, einen Seelenverwandten, mit dem man alles durchstehen kann. Wir warten ständig darauf, dass uns jemand einen Zauberschlüssel zur Hand gibt, um den Alltag zu bewältigen, und verpassen dabei das Leben an sich, in dem wir von uns aus eine Lösung finden.
Wie habt ihr es geschafft, das Album in Kentucky klangveredeln zu lassen?
Ich lernte David Angstrom kennen, als ich 2007 das Artwork für Hermanos letztes Album erstellte. Wir blieben in Kontakt, und später fertigte ich auch das Cover für Asylum On The Hill an. Als wir in der Band auf einen gemeinsamen Nenner bezüglich des Sounds der Songs kommen wollten, gelangten wir zu dem Schluss, dass Mix und Mastering zur erhaltung der Dynamik wichtig sind, auch weil die Heaviness nicht darunter leiden darf. Da wir den Klang von Asylum On The Hill mochten, schloss ich mich mit David kurz, der mir sagte, an wen wir uns wenden sollten - zufälligerweise ihren Bassisten Jason Groves, der das Sneak Attack Studio in Lexington, Kentucky, betreibt. Seine Abmischung überstieg unsere kühnsten Erwartungen, und wo wir gerade dabei waren, musste David noch ein höllisches Gitarrensolo für uns einspielen. Mit dem Ergebnis sind wir als mehr als zufrieden.
Wie fühlt man sich mit zeitloser Musik in einem schnelllebigen Geschäft?
Ich glaube, das ganz große Business betrifft uns nicht, auch weil uns von Anfang an klar war, dass mit solcher Musik kein Starruhm zu erlangen ist. Wir wüssten auch überhaupt nicht, wie man massentaugliche Musik, die auf eine bestimmte Klientel zielt, komponieren sollte. Der zeitlose Klang ergibt sich wohl aus der Tatsache, dass jeder von uns 20 Jahre Musikhören und -Machen in die Wagschale wirft.Wir können nur schreiben und spielen, was uns natürlich zufällt, und daran feilen wir jeweils, bis es unseren Ansprüchen gerecht wird. Als Band müssen wir niemandem in den Arsch kriechen und Kompromisse eingehen. ASHES OF IRON sind unser kreatives und Emotionales Ventil; was andere meinen, geht uns hinten vorbei. Indem wir uns selbst gerecht werden, tun wir dies zugleich gegenüber Hörern, die ebenfalls mehr tiefe und Power in ihrer Musik verlangen. Folglich stellt das positive Feedback der Leute unsere größte Belohnung dar.
Wie geht es weiter bei euch?
Nach den nächsten paar Gigs stehen die Arbeiten an neuem Material an, das zum Teil bereits existiert. Dabei pushen wir uns weiter, aber was wir soweit haben, klingt schon sehr geil. Ansonsten gibt es wie gesagt weitere Videos und noch mehr Konzerte zwischendurch, idealerweise auch außer Landes, vor allem sehr gerne in Deutschland. Es geht immer weiter; cheers 'n' beers!
Hoch die Tassen, Danke sehr!